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Gesundheit am Arbeitsplatz - Entwicklung, Herausforderungen und Möglichkeiten


Was vor wenigen Jahren noch Gang und Gäbe war, ist heutzutage für viele von uns bereits Grund genug, nervös die Augenbraue zu zucken: Ein Niesen am Arbeitsplatz, das Putzen der Nase im Büro oder Hustenanfälle im Meeting. Auf einmal rutscht man einen Platz weiter.

Es versteht sich, dass die Covid-19-Pandemie unsere allgemeine Einstellung zum Thema Gesund- und Krankheit am Arbeitsplatz maßgeblich verändert hat – und eventuell sollte das Geständnis erfolgen, dass dies ein Thema ist, welches wir zu lange vernachlässigt haben. Schließlich wird das Wohlbefinden eines Unternehmens vom Wohlbefinden der Mitarbeiter:innen bestimmt. Ein Gedankengang, welcher in sich vollkommen logisch ist und doch noch nicht Fuß gefasst hat.

Es stellen sich somit die Fragen: Inwieweit hat die Covid-19-Pandemie unsere Beziehung zum Thema Gesundheit beeinflusst, doch auch die Produktivität von Unternehmen und Wirtschaft selbst? Welche Benefits entstehen durch mehr Gesundheit am Arbeitsplatz und welche Methoden ließen sich hierfür implementieren? In Kooperation mit Aino möchten wir euch in diesem Beitrag einen Überblick hierzu bieten.

Corona, Wirtschaft und Produktion

Wir entsinnen uns an den ersten Lockdown 2020: Social Distancing, das Einschränken aller sozialen Areale und natürlich auch der hiermit einhergehende Einbruch vieler wirtschaftlicher Sektoren. Zu viele Unternehmen waren nicht darauf vorbereitet – oder schlicht nicht fähig – die eigenen Arbeitsprozesse vollends digital zu verlagern und was folgte, war Kurzarbeit. Beobachtungen, welche sicherlich viele von getätigt haben und welche sich nun aufgrund einer vom Fraunhofer-Institut ISI durchgeführten Studie bestätigt sehen. Doch auch abseits hiervon, bietet diese verschiedene, interessante Einblicke in die Beziehung zwischen Arbeit, Wirtschaft und Corona.

Kurzarbeit im Überblick 🔍

Der Studie zufolge, gaben ganze 60 Prozent der befragten Betriebe innerhalb dieser Zeitspanne Kurzarbeit an. 34 Prozent sagten hierzu, alle Beschäftigten seien in Kurzarbeit, bei 26 Prozent hingegen erfolgte die Kurzarbeit nur in Teilen. Dass zahlreiche Unternehmen dementsprechend starke Produktionsrückgänge zu verbuchen hatten, ist ganz selbsterklärend.

Besonders interessant ist diesbezüglich, dass der Studie zufolge kleine Unternehmen stärker betroffen sind als große. Grund hierfür sei unter anderem die Position in der Wertschöpfungskette: Während Teile- und Komponentenzulieferer (24 Prozent teilweise und 49 Prozent komplett in Kurzarbeit) sowie Systemzulieferer (23 Prozent und 46 Prozent) nicht nur häufiger, sondern auch umfangreicher Kurzarbeit anzeigten, waren Beschäftigte von Betrieben am Ende der Wertschöpfungskette, also der Endprodukthersteller (27 Prozent und 22 Prozent) sowie der Investitionsgüter- und Anlagenhersteller (27 Prozent und 28 Prozent) deutlich weniger häufig in Kurzarbeit.

Hieraus lässt sich eine ganz einfache Konklusion schließen: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Betrieb in Kurzarbeit geht, steht stets in Relation zu den strukturellen Rahmenbedingungen dieses. Dementsprechend ergibt sich ebenfalls, dass Hersteller komplexer Produkte ebenfalls in die Kurzarbeit gehen mussten. Insbesondere dann, wenn die Komplexität des Verfahrens mit stark analogen Prozessen einhergeht, welche kaum bis gar nicht digitalisiert werden können, zeigen sich die Auswirkungen der Kontaktbeschränkungen; ein Problem, welches einfache bis mittelschwere Produktionen kaum aufweisen.

Zulieferungsschwierigkeiten während Corona📦

Doch nicht nur kleinen Betrieben wurde durch die Covid-19-Pandemie der übliche Arbeitsprozess erschwert. Größere Unternehmen haben etwa mit ausgeprägteren Zulieferungsschwierigkeiten zu kämpfen, erneut verursacht durch die entsprechende Position innerhalb der Wertschöpfungskette. So ergibt sich aus der durchgeführten Studie, dass 58 Prozent der Endproduzenten für Kund:innen sowie 55% der Investitionsgüter- und Anlagenhersteller von Zulieferproblemen betroffen sind. Zulieferbetriebe, welche für Komponenten, Bauteile oder sogar gesamte Systeme verantwortlich sind, sahen sich allerdings zu lediglich 41 Prozent mit Zulieferschwierigkeiten betroffen. Hersteller von Betriebsmitteln weisen hier den geringsten Anteil mit 34 Prozent auf, gefolgt von den Lohnfertigern mit 38 Prozent.

Was hat das alles mit Gesundheit zu tun?


Der Zusammenhang bei all den Daten erschließt sich hierbei nicht unbedingt sofort – und bei so einer Zahlendichte verliert man auch gerne mal den Überblick. Wichtig ist somit zu verstehen, dass diese Defizite ausgelöst durch die Pandemie stattfinden und somit in direkter Beziehung zum Thema Gesundheit stehen. Nicht weniger wichtig zu verstehen ist, dass dieses Thema überhaupt deswegen erst in den Diskurs gerückt wurde, samt der damit einhergehenden Feststellung, dass die Produktivität eines Betriebes in direkter Korrelation zu der Gesundheit seiner Mitarbeiter:innen steht. Die Problematiken befinden sich also in einem Abhängigkeitsverhältnis. Der aktuelle Stand hierzu ist leider etwas ernüchternd.

Ein Blick auf die Zahlen

Laut Fürstenberg Institut gaben 44% der befragten Unternehmen an, sie würden mangelndes Wissen über die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter:innen aufweisen, was sie gleichermaßen an der Umsetzung eines ganzheitlichen Gesundheitsmanagements hindern würde. Dass diese fehlende Kenntnis den Betrieben teuer zu stehen kommt, scheint hierbei jedoch größtenteils unbekannt bis unausgesprochen.

Untersuchungen zeigen, dass der deutschen Volkswirtschaft jährlich rund 99 Mrd. € aufgrund mangelnder Arbeitnehmermotivation verloren gehen – und dieser Mangel lässt sich nicht nur auf Faulheit oder sonstige Pejorativa zurückführen. Genauso, laut einer Studie von Booz & Company für die Felix-Burda-Stiftung, kosten krank gemeldete Arbeitnehmer:innen die deutsche Volkswirtschaft jährlich rund 225 Mrd. €. Anders gesagt: Ganze 9% des Bruttoinlandsprodukts.

Doch wie kommen diese Schäden zustande? Das Problem liegt wie gesagt schließlich nicht nur bei einem mangelnden Arbeitsethos – nicht einmal einzig und allein bei den Fehlzeiten der Arbeitnehmer:innen. Ein viel größerer Anteil entsteht tatsächlich ­durch die Anwesenheit kranker Arbeitnehmer:innen, welche über vermeidbare Fehler, eventuell sogar Unfälle, die Produktqualität negativ beeinflussen. Es folgt somit: Wer nicht in die Gesundheit seiner Angestellten investiert, zahlt in anderer Art und Weise.

Der Schlüssel zur Gesundheit? 🗝️

Die heutige Arbeitswelt konfrontiert ihre Partizipierenden mit verschiedenen Stressfaktoren. Alt bekannt sind hierbei natürlich ein hohes Arbeitspensum und allgemeiner Leistungsdruck, doch schleichen sich auch immer mehr, stellenweise kniffligere Herausforderungen in das Leben der Arbeiternehmer:innen. So kämpfen viele von uns aufgrund ständiger Erreichbarkeit mit einer Entgrenzung von Privat- und Berufsleben, um ein Beispiel zu nennen, wodurch es nicht möglich ist, tatsächlich abzuschalten. In solch einem Modell existiert ein Feierabend nicht – und das, obwohl wir diesen so dringend brauchen.

Aspekte wie diese erfordern, dass Betriebe sich ihrer Verantwortung diesbezüglich bewusster werden. Die Idee, alle Krankheiten seien physischer Natur, ist längst veraltet und einen Einfluss auf die Produktionskapazitäten des Betriebes nehmen sie beiderlei. Es ist schließlich so: Jeder Ausfall kompromittiert nicht nur die eigene Produktion, er erhöht auch den entsprechenden Druck gegenüber den anwesenden Mitarbeiter:innen, was wiederum zu weiteren Fehlzeiten führen kann, da die allgemeine Belastung sich erhöht.

Es gilt folglich Gesundheit als etwa Holistisches zu betrachten, statt schlichtweg zu denken, dass Krankheit heißt, mit verstopfter Nase und dickem Schädel im Bett zu liegen. Symptomatiken sollten nicht losgelöst von der Gesamtheit des menschlichen Körpers betrachtet werden, der Körper jedoch auch nicht von der dahinterstehenden Psyche, welche in Wechselbeziehung zu Lebensstil, Gewohnheiten, Arbeitsumgebung und vielem mehr steht. Viele Faktoren, welche somit berücksichtigt werden müssen. Es folgt: Ein adäquates Gesundheitsmanagement am Arbeitsplatz vertritt nicht nur ein interpersönliches und medizinisches Interesse, auch aus ökonomischen Gründen sollte dieses berücksichtigt werden.

Für mehr Gesundheit am Arbeitsplatz 🖥️

Die Korrelation zwischen Produktion und Gesundheit lässt sich in Betrieben nur schwer abstreiten. Ein allgemeines Interesse an der Verbesserung des IST-Zustands sollte in den meisten Unternehmen zumindest gegeben sein.


Ziel dieses Beitrags ist es nicht, mit dem Zeigefinger auf irgendwelche Schemen zu zeigen und zu sagen, man müsse jetzt etwas ändern, sondern weiter den Diskurs anzutreiben, Aufmerksamkeit zu erzeugen, unseren Standpunkt zu der Thematik zu betonen und auf Lösungen, wie die von Aino, aufmerksam zu machen.

Letzten Endes glauben wir bei 55BirchStreet an „Wisdom of Crowd“, was gleichermaßen bedeutet, wir freuen uns auf den Austausch mit Euch, für Ideen, Gedanken und Expertise zum Thema.

Möchtest du mehr zu dem Thema erfahren? Dann lade unser Green Paper "Betriebliches Gesundheitsmanagement" im Downloadbereich herunter!


Zum Weiterlesen

  • Lerch, Christian et. al. (2020): Produktion in Zeiten der Corona-Krise.

  • Fürstenberg Institut (2020): Corporate Health Management 2020.

  • Teigheder, Maike (2011): Kranke Arbeitnehmer kosten ein Vermögen. (Accessed: 22.03.2022)


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