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Book Review: „Question Thinking“ von Marilee Adams



„Du Vollidiot, fahr doch!“ – kommt Euch bekannt vor? Nein, es geht nicht um das Buch „Surrounded By Idiots“ (Spoiler, das wird unser nächste Book Review!), sondern um den von Marilee Adams bezeichneten „Kritikermodus“, der im Gegensatz zum „Lernmodus“ steht. Ob beruflich oder privat, nicht selten lassen wir uns zu automatischen Reaktionen verleiten, die nicht wirklich lösungsorientiert sind. Denke nur kurz an Deine letzte Reaktion zurück, als Du im Straßenverkehr angehupt wurdest. Ups!


Über das Buch

Im Buch „Question Thinking – Die Kunst, die richtigen Fragen zu stellen“ stellt Adams uns ihr Prinzip der Choice Map vor. Mithilfe von vermeintlich lebensnahen Charakteren und Beispielsituationen illustriert sie, dass wir stets die Wahl haben, wie wir uns verhalten wollen und was hilfreich sein kann, um in frustrierenden Situationen richtig zu navigieren.


Zusammengefasst, der Grundsatz des Buches: Es gibt zwei verschiedene Modi, welche eine jeweilige Haltung repräsentieren: Der Kritiker:innenmodus (okay, das Gendern kommt von uns) und der Lernmodus. Beide befinden sich auf der sogenannten Choice Map, sodass wir ständig die Wahl haben, welchen Modus wir in der Kommunikation und Problemlösung einsetzen. Die Herausforderung bei der Adams die Leser:innen unterstützen möchte: Wie komme ich auf den Lernpfad, über den ich gut überlegt, lösungsorientiert und kooperativ Win-Win-Situationen schaffen kann, statt vor lauter Frust im Kritiker:innensumpf zu versinken?


Adams kommuniziert ihre Botschaften und die dahinterstehende Question-Thinking-Methode über die persönliche Geschichte einer fiktiven – an der Realität angelehnten und dennoch weit verfehlten – Hauptfigur namens Ben und dessen Lehrmeister. Ben beginnt dabei als urteilender Kritiker, welcher nicht unbedingt offen für die Meinungen anderer ist, denn er weiß es ohnehin besser, und der Lehrmeister…na ja…belehrt ihn eben eines Besseren, um Ben in der Konsequenz adäquat für Beruf und Alltag auszustatten. Ein bisschen wie Karate Kid, nur leider ohne Karate.


Was können wir lernen?

Übrigens eine laut Adams ganz wunderbare Frage im „Lernmodus“ – good job!


Man könnte sich nun vielleicht denken, dass so eine Story sehr dogmatisch und vorgefertigt klingt, mit Ben und dem Lehrmeister als recht simples Gleichnis zur überverständlichen Darstellung. Ist leider auch richtig. Doch wir haben ja im selben Buch gelernt, entscheiden zu können, etwas zu lernen. Na dann: Was sind die Fakten?


Das Buch transportiert über simple Bilderbuchdialoge und sich wiederholende Botschaften auf relativ wenigen Seiten allen interessierten Leser:innen eines jeden Reifegrads ein Werkzeug an die Hand. Die Nutzung obliegt dann uns. Und darin liegt vermutlich die Krux.


Sei es ein Prinzip, eine Methode oder eine „Kunst“ – sich selbst treffende Fragen zu stellen, um sein bestmögliches Verhalten im Umgang mit den Mitmenschen an den Tag zu legen, erfordert, dies im Mindset einzupflegen. Das braucht Zeit und Übung. Wem es gelingt, beim nächsten Hupen nicht sofort zu fragen „wessen Schuld es ist“, sondern „wofür bin ich verantwortlich?“, dem gratulieren wir persönlich.


Wie geht’s jetzt weiter?


Trotz dieses amerikanischen „Erzählstils“, der Redundanz der Aussagen (Der Satz „wir sind alle Kritiker in Therapie“ fiel mindestens vier Mal) und teils altbackener Einstellungen der Charaktere – oh wait, jetzt sind wir doch wieder im Kritikermodus gelandet!


Nochmal von vorn: Das Buch schafft es insbesondere mithilfe der Lernmodus vs. Kritiker:innenmodus-Tabellen deutlich zu machen, worin sich diese Mindsets unterscheiden. Darin findet sich mit Sicherheit jede:r Leser:in wieder und kann Situationen aus der Erinnerung hervorrufen, in dem man dieses Verhalten live und in Farbe beobachten konnte –

ob bei sich oder bei anderen. Question Thinking spricht sich dafür aus, diesen Zustand unserer „kritischen Haltung“ zu normalisieren und als Bestandteil von uns selbst anzuerkennen. Wir werden ihn nicht abschalten können, denn er ist menschlich. Stattdessen geht es darum zu lernen ihn zu erkennen und aktiv entscheiden zu können, wann wir in welchem Modus agieren möchten. Eine Reflexionsfähigkeit, welche wir überaus wertvoll finden!


Inhaltlich ist das alles sehr gut verdaulich. Der Schreibstil ist simpel und verständlich (was zugegeben nicht allen im Team stilistisch gefallen hat) und Adams stellt ihre Ideen und Theorie angemessen dar, wenn sich stellenweise auch im Selbsthilfe-Jargon verloren wird.


Die wichtigsten Gedanken

Im Team sind unterschiedliche Eindrücke des Buches hängengeblieben – doch jede:r hatte Erkenntnisse, welche wir im Weiteren für die Verbesserung unsere Konfliktlösungsfähigkeiten nutzen können! So ist eines unserer größten Takeaways, dass die Art und Weise, wie wir denken direkten Einfluss auf die Fragen haben, welche wir stellen und das könnte wiederum wichtig für die Dinge sein, welche wir im direkten Kund:innengespräch beleuchten möchten, für einen noch konstruktiveren Austausch.


Auch unsere Beziehung zu Kritik ist hierdurch reflektierter. Bekanntlich ist Kritik nicht konsequent schlecht, manchmal allerdings schlecht behaftet, nehmen wir eine Aussage als Affront. Adams fördert mit ihrem Begriff des Kritiker:innenmodus (wenn vielleicht auch unbeabsichtigt) eine wichtige Distinktion zwischen dem Gehalt einer Kritik und einer ablehnenden Kritikerhaltung, in welcher das Ziel nicht ist, berechtigte Fehler zu adressieren, sondern die konsequente Ablehnung von allem. Ergo: Kritisches Hinterfragen, gerne! Allgemeine Kritikerhaltung, eher weniger.


Vor allem als Berater:innen verfällt man ab und zu darin, das Augenmerk lediglich auf das zu halten, was noch nicht läuft, statt den Dingen Fokus zu schenken, die gut funktionieren. Generell hoffen wir dank der Diskussion rund um das Buch noch bewusster im Lernmodus zu sein.


Persönliche Eindrücke vom Team 55BirchStreet


Stephan: Das Buch hat mir einen Strauß vieler, bunter Ideen mitgegeben, über die ich weiterhin nachdenken werde. Bereits beim Lesen habe ich mir viele Gedanken gemacht, die mich immer noch beschäftigen.




Anne: Mich hat Question Thinking auf jeden Fall freier im Kopf gemacht. Auch verschiedene Praxissituationen sind für mich seitdem erklärbarer.






Lena: Wenn das inhaltlich alles auch richtig sein mag, hätte man das bestimmt auch auf weniger Seiten schreiben können. Inhaltlich richtig, stilistisch schwierig.




Fazit: Nicht das erste, letzte oder beste Buch seiner Art

Die Regale der Selbsthilferatgeber und Fach- und Sachbücher quellen über mit Hilfestellungen, die richtigen Fragen zu stellen. Eine anspruchsvolle Aufgabe, vor allem wann, wie und welche Frage zielführend ist und dabei noch authentisch zu sein, statt eines Methodenkoffers auf zwei Beinen. Question Thinking ist sicherlich nicht das erste und auch nicht das beste unter diesen Selbstcoaching-Büchern, und dennoch ein wichtiger Reminder: Gerade in kritischen Situationen oder anstrengenden Diskussionen hilft es sich von außen zu beobachten und zu hinterfragen: „Führt mein Verhalten gerade zu dem gewünschten Ergebnis?“ Und wenn nein, wie kann ich vielleicht wieder auf den produktiven, konstruktiven Lernpfad abbiegen? Ob es dieses Buch dafür braucht, da scheiden sich die Geister. Wir freuen uns auf Euer Feedback!

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