Die Welt in 100 Jahren? Zukunftsvisionen in Büchern, Filmen und Serien

Es scheint, wir finden uns gesellschaftlich aktuell an einer Türschwelle. Politisch, sozial, ökologisch, wie auch ökonomisch, ist viel in Bewegung. Man fragt sich: Wo geht die Reise eigentlich hin? Die Frage selbst ist natürlich eine alte – als Menschheit wundern wir in der Natur der Sache, wie die Zukunft aussehen könnte und arbeiten es seit jeher künstlerisch auf.

Dieses Thema kommt regelmäßig bei uns im Team auf und wir diskutieren, welche Medienerzeugnisse uns über die Jahre untergekommen sind, die ein eventuelles Zukunftsbild abzeichnen könnten (oder eines, das hoffentlich vermieden werden könnte). Die Guten, die Schlechten und alles in der Mitte. Wir haben für Euch eine kleine Auswahl an Filmen, Serien und Büchern hierzu kuratiert. 🤖🦾

Bücher: Dystopien und mehr Dystopien

1984, George Orwell – Der wahrscheinlich größte Klassiker, geht es um die Frage, wie das Worst-Case-Szenario der Gesellschaft verlaufen könnte, und das aus gutem Grund. Alle Jubeljahre zumindest feiert Orwells Blaupause für totalitäre Systeme sein Comeback im Diskurs und illustriert nicht nur wie Faschismus, Propaganda und Überwachungsstaaten funktionieren, sondern deckt gleichzeitig auf, welche Tendenzen den Übergang hierzu einleiten. Fast 80 Jahre alt und doch höchstaktuell, insbesondere in Anbetracht eines aktuellen, globalen Rechtsrucks. Wer es zuletzt im Deutschunterricht gelesen hat – es wird mal wieder Zeit!

Fahrenheit 451, Ray Bradbury – Was ist eigentlich die Zündtemperatur von Papier? Die Antwort findet sich angeblich im Buchtitel. Fahrenheit 451 hypothetisiert ein Gesellschaftsmodell, in dem der Besitz von Literatur als Verbrechen gilt. Es fördere das autonome Denken, und wer für sich selbst denkt, denkt gegen die anderen. Wer braucht ohnehin Bücher, wenn die Feuerwehr sich deren Verbrennung annimmt? Wer muss lesen, wenn an jeder Wand des eigenen Hauses der nächste Bildschirm mit bester Unterhaltung wartet? Das ist sie, die schöne Gesellschaft, in der wir uns zu Tode unterhalten. Im Zeitalter des KI-generiert explodierenden Contents ein extrem aktuelles Thema! 100% Empfehlung!

Never Let Me Go, Kazuo Ishiguro – Kathy ist Betreuerin für die Organspender:innen im Krankenhaus. Eine noble Tätigkeit, möchte man meinen, doch Kathy reminisziert – über ihre Kindheit, über Hailsham, das Internat, in dem sie aufwuchs. Genauso wie ihre beste Freundin, genauso wie ihre große Liebe Tommy. Besonders sind die Hailsham-Kinder in vielerlei Hinsicht. Die emsige Art und Weise, in welcher sie Kunst produzieren müssen, beispielsweise, doch vor allem wegen einem: sie alle sind Klone echter Menschen. Und haben sie ihre Ausbildung am Internat erst einmal vollendet, das bisschen Lebenszeit, das ihnen vergönnt wird genossen, stellen sich ihnen zwei Optionen – die eigenen Organe spenden, oder diejenigen betreuen, die sich vor ihnen getraut haben. Unters Skalpell müssen letzten Endes alle und mehr als drei Operationen überlebte bislang niemand. Ishiguro macht keinen Hehl daraus, das Innenleben dieser Klone samt all ihrer Wünsche und Träume zu illustrieren – und umso schrecklicher ist diese fabrizierte Ausbeutung von Kathy, Tommy und Co., um die Lebenszeit denkender, fühlender Wesen zu verlängern. Zumindest glauben die originalen Menschen, das unterscheidet sie von ihren künstlich geborenen Spender:innen. Wundervoll zärtlich, melancholisch und thematisch vielschichtig.

Filme: Zurück in die Zukunft?

Her, Spike Jonze – Theodore Twombly befindet sich in einer brenzligen Lebenssituation. Angestellt bei einem Dienstleistungsunternehmen, schreibt er Briefe für Leute, welche sich schwer darin tun, ihre Gefühle gegenüber anderen zu kommunizieren, obwohl er selbst genau hiermit hadert. Frisch getrennt von seiner Kindheitsfreundin und Ehefrau Catherine, steht Theodore kurz vor der Scheidung und widmet sich im Zuge seiner Trauer an Samantha: eine künstliche Intelligenz, mit der er kurzerhand eine Beziehung unterhält und tatsächliche Liebe entwickelt. Insbesondere im Zuge heutiger GenAI und ersten Fällen, wo Einzelpersonen sich in KI’s verlieben, bietet Her einen dubiosen und seltsamerweise doch nicht unwahrscheinlichen Blick in die Bindungen der Zukunft. Große Empfehlung!

WALL·E, Andrew Stanton – Eine unglückliche Mischung aus Umweltverschmutzung, Massenkonsum und einer Prise menschlicher Gleichgültigkeit, bewirkte das Schlimmste: Die Erde ist desolat, vermüllt, unbewohnbar. In Anbetracht des verwüsteten Planeten, entscheidet die Menschheit sich in hierfür entworfenen Raumschiffen zurückzuziehen und eine Riege von Robotern in der Einöde zurückzulassen – die WALL·E’s. Müllroboter, die den Planeten wieder funktionstüchtig machen sollen, bis 700 Jahre später nur noch einer dieser Art verbleibt, beinahe alleine auf der einstigen Erde, lediglich in Begleitung einer verbleibenden Kakerlake, fortbestehend in seinem täglichen Trott – bis WALL·E einen einzigen Keimling findet und Besuch von EVE erhält. Ein weiterer Roboter, der für die überlebende Menschheit – nun eine faule, beinahe bewegungsunfähige Masse – die Vegetation der Erde evaluieren soll. Mit dem Keimling im Gepäck kehrt EVE zu ihren Auftraggebern zurück und der schwerverliebte WALL·E folgt sogleich. Der Film untersucht nicht nur die Beziehung zwischen Menschen und Klima, sondern auch unser Verhältnis zur Maschinerie. Thematisch ist das für einen designierten Kinderfilm recht düster…und dennoch seltsam süß und liebevoll. Auch im Erwachsenenalter weiterhin sehr sehenswert und zum Nachdenken anregend!

Serien: Ein bisschen was von allem

Black Mirror, Charlie Brooker – Es ist etwas schwierig, Black Mirror einzuordnen. Jede Folge ist eine neue Geschichte, die doch irgendwie Überschneidungen haben. Und jede einzelne ist krass! Eine dystopische, spannende, beunruhigend realitätsnahe Wechselbeziehung zwischen Gesellschaft, Technik, Medien und Menschen. Eine einzige Folge beschäftigt einen noch wochenlang – das heißt auch, keine Gefahr des Binge Watchings! Deep, shocking, moving. Am besten nicht alleine schauen! Wir für unseren Teil sind große Fans und haben nicht umsonst eine Watchparty im Büro abgehalten. Und wer einmal Lena drauf anspricht, wird die Euphorie überschwappen spüren! 😉

Squid Game, Hwang Dong-hyuk – Zugegeben, von einer Geheimempfehlung kann hier nicht die Rede sein. Seong Gi-hun, ein verschuldeter Glücksspieler, der im Zuge einiger Schicksalswendungen bei seiner gebrechlichen Mutter wohnt, wird zu einer Show eingeladen, in welcher Kinderspiele durchgeführt werden, mit Ausblick auf einen enormen Geldpreis, um den auch 455 weitere Spieler:innen kämpfen, allesamt hochverschuldet. Der Twist allerdings: schnell stellen die Spieler:innen fest, dass jede Niederlage zwar mit ihrem Leben bezahlt, den Cashpool allerdings erhöht – und es stellt sich die Frage: Wie viel ist die eigene Moral tatsächlich wert? Einigen von uns einfach too much und zu brutal, doch vielleicht lohnt es sich ja, mal reinzuschauen.

The Handmaid’s Tale, Bruce Miller & Margaret Atwood – Vielleicht mogeln wir an dieser Stelle zugegeben etwas, ist The Handmaid’s Tale schließlich eigentlich ein Buch, doch hat die Serie dieses längst expandiert. Im Zuge der Umweltverschmutzung und verschiedener Geschlechtskrankheiten, sind Geburtsraten drastisch gesunken. Ein Problem, dass die totalitäre, eschatologische Regierung Amerikas – die sich im Zuge eines Bürgerkrieges selbsternannte – unter strikter Doktrin zu lösen ersucht. Hierfür versklavt das hyperpatriarchale Regime noch fruchtbare Frauen, sogenannte Handmaiden’s, um den Führenden eine nächste Generation zu ermöglichen – und eben eine solche Figur führt die Handlung der Serie. Schockend wie fesselnd und schon 1985 ein wichtiges Mahnmal seitens Atwood.

Wir wünschen viel Spaß beim Lesen und Schauen! Habt ihr weitere Vorschläge? 🤔

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