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Augmented Reality: Ungenutzte Potenziale im Alltag und ein Blick in die Zukunft



Im Sommer 2016 übernahm ein etwas unerwarteter Trend das alltägliche Leben. Außenstehende wunderten, warum Menschenscharen nun fixiert am Handybildschirm die Echtwelt zu scannen schienen und ekstatisch aufschrien, sie hätten ein Relaxo gefangen, was auch immer das heißen sollte.


Pokémon GO war eine etwas kuriose Sensation: Vom Spieltitel, den viele eher mit Gameboys und Konsorten assoziierten, zum Rekordbrecher. 206,5 Millionen US-Dollar Umsatz, 130 Millionen Downloads – und das gerade mal im ersten Monat. Ein Erfolg, der auf verschiedenen Faktoren basiert: Jugendnostalgie, eine neue Gemeinschaftsaktivität, liebenswerte Designs der kleinen Taschenmonster und nicht zuletzt eine brisante Technologie, mit welcher viele erstmalig in Kontakt kamen: Augmented Reality (AR).


Was ist Augmented Reality?


We use the term augmented reality in reference to the indeterminate, unstable, context dependent and multiple realities brought into being through the subjective coming-togethers in time and space of material and virtual experience […]. In other words: augmented reality is the material/virtual nexus mediated through technology, information and code, and enacted in specific and individualised space/time configurations.

Einfach gesagt: Augmented Reality überlagert Bilder-, Text-, Video- und/oder Audiokomponenten auf bestehendes Material der Echtwelt. Hierdurch kann etwa das persönliche Lieblingspokémon im Garten sitzen, Möbelvorschauen in der Wohnung platziert oder Brillen digital anprobiert werden und vieles mehr.


Augmented Reality ist somit keine Alternative zur Erfassung der Realität, sie funktioniert vielmehr in Konjunktion mit dieser. Beispielsweise beim Scan einer Sehenswürdigkeit mithilfe des eigenen Smartphones, das sodann Informationen hierzu bereitstellt. AR ist somit vielmehr eine Realitätserweiterung und bietet weitaus vielfältigere Möglichkeiten als Entertainment.


Lernen mal anders: AR in der Bildung

Wie das Beispiel bezüglich Sehenswürdigkeiten bereits nahelegt, bietet Augmented Reality verschiedene Potenziale in puncto Bildung, etwa der vielversprechenden Kombination aus Education und Entertainment: Edutainment.


Through the collaboration of MIT and the University of Wisconsin at Madison, a hand-held AR program known as Alien Contact! was created. This game was designed to focus on several educational aspects such as math, language arts, and scientific literacy. Students used this device throughout the study to participate in roles and collaborate as a team. The authors found that there was a high level of engagement.

Teilnehmende Schüler:innen zeigten bereits in der Studie aus dem Jahr 2014 ein größeres Interesse und interaktivere Mitarbeit als bei traditionellen Unterrichtsmethoden. Mit wachsender technischer Aktivität unter Kindern und Jugendlichen ist hohe Resonanz bei der TikTok-Generation zu erwarten, welche ohnehin vielerlei Lernformate digital konsumiert. Die durchführenden Forscher:innen schlussfolgerten, dass dieser gesteigerte Effekt auf zwei wichtige Faktoren zurückzuführen ist:


  1. Die Limitationen textbasierter Lernmethoden werden mithilfe von AR gebrochen, weshalb…

  2. …gleichermaßen eine individuellere Lernweise erfolgen kann, angepasst an verschiedene Lerntypen.


Nicht zu vergessen: Alles mit Aliens ist cooler. Ein wichtiger, hochwissenschaftlicher Faktor.😉


Eine große Stärke von AR in diesem Fall lautet, wie vielfältig anwendbar die Technologie ist, auch unter Anwendung verschiedener Medien. Ob am Desktop, Smartphone oder sonstigem Mobilgerät, AR findet vielfältige Methoden, Unterrichtsinhalte zu erweitern, greifbarer zu machen und Schüler:innen mehr Interaktion zu bieten. Erneut gilt: Augmented Reality ergänzt Realität, statt sie zu ersetzen. Augmented Reality bezieht sich somit im Übrigen auf die unsere Realität, während Virtual Reality eine Realität simuliert (und hierbei gegebenenfalls auf AR zurückgreift). Zwei Begriffe, die häufig im Vergleich stehen, allerdings vollkommen unterschiedlich sind.


Passt wie angegossen: AR im Einzelhandel

Der „Lockdown“, der uns Quality Time mit uns allein beschert hat, hat auch den Einzelhandel unter Druck gesetzt. Für den ein oder anderen Betrieb war AR da ein absoluter Segen: Onlineshopping. Laut IBM’s 2020 U.S. Retail Index Report, hat die Pandemie den Wechsel zu digitalen Shoppingmethoden um etwa fünf Jahre beschleunigt. Es versteht sich, dass in diesem Zuge auch Features popularisiert wurden, welche die Onlineshopping-Erfahrung erleichtern – etwa mithilfe von AR.


Augmented Reality (AR) applications have been on the rise with virtual “try-before-you-buy” experiences ranging from previewing furniture and products in your home with everyday brands like IKEA and Home Depot, to virtually trying on luxury fashion such as Louis Vuitton and Gucci. Once a nice-to-have feature, AR has quickly become an essential technology for retailers.

Die Technologie findet also Anwendung, um Nutzer:innen einen Vorgeschmack zum angebotenen Produkt zu gewähren. Sei es der Sessel von IKEA, die Brille von Mr. Spex oder die Wanderschuhe von Adidas:



Papagiannis nimmt an, dies sei lediglich der Einstieg und im nächsten Schritt stünde eine Gamification hiervon bevor, um digital mit Freunden zu spielen, erkunden und shoppen. Feststeht, dass dieses Try On-System ausgesprochen vielversprechend für den Retail-Sektor ist.

Die Potenziale können im Übrigen nicht nur im Einzelhandel, sondern auch bereits in der Produktion greifen. Mechatroniker können in verschiedenen Karosserien etwa “verborgene” Komponenten mithilfe von AR entdecken und einfache Behebungsaufgaben wie das Entfernen verschiedener Bestandteile navigieren. Die Nutzung von AR würde hierbei laut Angaben von Bosch ganze 15% aufgebrachter Zeit einsparen. Auch die Medizin beginnt auf AR-Technologien zurückzugreifen, beispielsweise in Form von Mikroskopen, welche verschiedenen Daten mittels der Linse anzeigen.


Ein Blick in die Zukunft?


We will look back at the years when people walked down the street, necks bent, staring down at little screens in their hands as an absurdly primitive way to interact with information.

Das zumindest denkt Dr. Louis B. Rosenberg, Informatiker und CEO von Unanimous AI – denn dieser durfte einen Blick in die Zukunft werfen – wortwörtlich. Drei Jahrzehnte ist es laut diesem mittlerweile her, dass eine Gruppe von Proband:innen am Air Force Research Laboratory mit einer Mixtur aus echten und virtuellen Objekten interagierte, um ein Prototyp der AR zu testen, bekannt als Virtual Fixtures Platform. Ziel war es zu zeigen, dass AR eine Leistungssteigerung bei Aufgaben innerhalb der Echtwelt befähigen könnte – mit Erfolg. Dieses Jahr erfolgte ein weiterer bedeutsamer Meilenstein: Eine AR Kontaktlinse.


Eine winzige Linse, die komfortabel sitzen, kabellos mit externen Geräten kommunizieren kann und aufgeladen werden muss –ausgestattet mit moderner Technologie – ein kleines technisches Wunderwerk, was Ingenuität erfordert, auch wenn es sicherlich noch Jahre bedarf, bis das Gerät marktreif ist. Dr. Rosenberg ist hierbei allerdings so weit zu gehen, dass dieser annimmt, Smartphones werden zunächst von AR-Brillen, dann Kontaktlinsen als primäres Interface abgelöst.


Solange es nicht so weit geht, wie in der Black Mirror Folge „Abgestürzt“ (sehr spannende, wenn auch teils gruselige Serie übrigens!), sollte alles gut sein. Vielleicht.


Ob Spielspaß, Unterstützung im Alltag oder Informationsgewinn, die Möglichkeiten, welche AR bereitstellt, sind ausgesprochen und wer weiß, wo wir diese noch antreffen werden. Es gibt noch viel Potential.


Zum Weiterlesen:


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